Ratgeber Weinbeurteilung

Was sind Weinaromen?

Jeder Wein entwickelt je nach Herkunft, Lagerung, Alter oder Wetter im Anbaujahr sein eigenes Aroma. Neben dem Klima spielt dafür auch der Standort, speziell Lage und Boden, eine Rolle, die dem Aroma seinen typischen Herkunftscharakter verleihen können.

Bestimmend für das Weinaroma ist zunächst der Stoffwechsel der Rebe. Dadurch entstehen die primären Aromen. Je nach Reifeentwicklung kommt es zur unterschiedlichen Ausprägung der Inhaltsstoffe der Beere, so dass diese jahrgangs- bzw. witterungsbedingt zu verschiedenen Aromaqualitäten führen. Die sekundären Aromen bilden sich bei der Verarbeitung der Trauben, der Mostbehandlung und vor allem bei der alkoholischen Gärung. Zur Bildung der tertiären Aromen kommt es beim Weinausbau im Fass und während der Reife und Lagerung in der Flasche.


Kann ich meinen Geruchsinn schulen?

Da die Zunge lediglich vier Grundgeschmacksarten (süß, sauer, salzig, bitter) unterscheiden kann, ist die Nase auch indirekt ausschlaggebend für die Unterscheidung der verschiedenen Aromen. Der Geruchssinn bestimmt somit ca. 80% unserer Gaumenfreuden.

Um allerdings Aromen im Wein wahrnehmen zu können, muss die Nase bzw. das Geruchsgedächtnis die Gerüche erkennen können. Häufig erkennt man ein Aroma wieder, kann es jedoch nicht benennen. Die Fähigkeit, Aromen wiederzuerkennen, kann man jedoch trainieren. Speziell hierfür wurden Kollektionen von Geruchsproben entwickelt mit denen man lernt, leichter die verschiedenen Aromen (nicht nur im Wein) zu unterscheiden und den Geruchssinn zu verfeinern.

Weltweit verbreitet ist die von Jean Lenoir 1981 erstellte Aroma-Sammlung unter der Bezeichnung „Le Nez du vin“. Diese umfasst eine Auswahl von 54 Aromastoffen, die im Wein besonders häufig vorkommen. Die Muster sind in kleinen Flakons gefüllt; jedes einzelne Aroma wird auf einer farbigen Karteikarte detailliert vorgestellt und besprochen. Eine beigefügte Broschüre informiert über Weingeruch und Weingeschmack. Ein ähnliches Sortiment weist auch die „Aromabar“ auf, eine Zusammenstellung mit 60 Weinaromen.


Die Weinverkostung: wie und warum

Die Weinverkostung ermöglicht, Wein mit seinen zahlreichen Nuancen und Facetten zu erkennen. Sie hilft Kaufentscheidungen zu treffen, erleichtert die Auswahl der Weine zu bestimmten Speisen und Anlässen und ermöglicht die Selektion von besonders lagerfähigen Weinen. Um zu verlässlichen Ergebnissen zu gelangen, basieren Weinverkostungen auf fachlich definierten Grundlagen.

Für Weinkonsumenten erfüllt die Verkostung meist einen anderen Zweck als für den Weinfachmann. Laien empfinden Wein-Degustationen vielfach als unterhaltsames Erlebnis, bei dem Besonderheiten und Auffälligkeiten der Weine bemerkt, diskutiert und kommentiert werden. Im Vordergrund stehen dabei individuelle Qualitätsurteile der Verkoster.

Im Gegensatz zu diesen „privaten“ Weinproben mit Ermittlung persönlicher Favoriten bezwecken fachliche Weinproben die Prüfung und Bewertung des Weines mittels exakter Verkostungs-Methoden. Dazu gehören unter anderem bestimmte Rahmenbedingungen, spezielle Verkostungsgläser und genormte Prüfverfahren.

Vorbedingung für ein Höchstmaß an Objektivität bei der Weinbewertung ist die neutrale Präsentation der Weinprobe. Dabei wird die Flasche verhüllt, so dass das Weinetikett und auch die Kapsel nicht erkennbar sind.

Blindproben unter Weinkonsumenten bieten darüber hinaus einen hohen Unterhaltungsseffekt. Mit Freunden kann man z. B. Weinproben zu verschiedenen Themen veranstalten, die den Wein aus unterschiedlichen Blickwinkeln beurteilen. Lehrreich und mit Überraschungseffekt sind Blindproben, bei denen die Verkoster die Weine je nach Fragestellung zuordnen müssen: „Weine einer Rebsorte aus unterschiedlichen Anbaugebieten“, „Aus jedem Kontinent ein Wein“ oder „Welches Aroma ist hier besonders deutlich zu erkennen (Himbeere, Pfeffer, Stachelbeere, etc.)?“

Die Wein-Verkostung ohne Erkennen von Farbe und Klarheit des Weines ermöglicht das völlig schwarz durchgefärbte DIN-Weinprüfglas, das Licht gänzlich absorbiert. Dazu gibt es auch ein schwarzes Ausschüttgefäß, das vor allem bei verdeckten und Blind-Proben nützlich ist.

Professionelle Verkostung

Bei der professionellen Verkostung sind bestimmte Voraussetzungen zu beachten:

  • Gerüche im Umfeld der Probe (z. B. von Speisen, Kräutern, Blumen, Parfüm) sind zu vermeiden, da sie die Beurteilung beeinflussen.
  • Das Glas sollte keinen muffigen Geruch durch langes Aufbewahren im (Holz-)Schrank oder durch unsauberes Spülen und Trocknen aufweisen.
  • Die Temperatur der zu prüfenden Weine entspricht den jeweiligen Empfehlungen für die auf die Weinarten bezogene übliche Trinktemperatur. Abweichungen von nur wenigen Grad Celsius führen zu daraus resultieren Fehlbewertungen von Duft- und Geschmack.
  • Dekantieren (Umfüllen) von bestimmten Weinen aus der Flasche. Bei ihnen erfolgt die Aroma- und Geschmacksentfaltung nicht unmittelbar nach dem Eingießen. Die Inhaltstoffe von jungen, gerbstoffreichen oder langsam reifender Weine können noch verschlossen wirken und sich erst durch längeren Kontakt mit der Luft erschließen.

Bewertungen

Das Bewertungsurteil einer Probe kann auf unterschiedliche Weise ausgedrückt werden, entweder in Form von Punkten und/oder Beschreibungen der jeweils ermittelten Eindrücke. Neben diesem semi-professionellen Schema findet man in Weinratgebern zudem Bewertungen mit Stern-Symbolen.

Degustationsgläser

Die Geruchs- und Geschmacksentfaltung des Weines wird durch Form und Volumen des Glases beeinflusst. Am besten geeignet sind dafür speziell entwickelte (genormte) Wein-Degustationsgläser.

Gläser, die nicht speziell für Degustationen konzipiert sind, füllt man je nach Größe zu einem Viertel bis zu einem Drittel des Volumens, so dass sich durch leichtes Kreisen und Schwenken des Glases Duft- und Aromastoffe durch den Kontakt mit Luftsauerstoff entfalten. Nach dem Ausgießen der Weinprobe kann auch das nochmalige Riechen im Glas Aufschluss über die Intensität des Aromas geben. Ist die Probe im Glas längere Zeit dem Einfluss von Luft und Wärme ausgesetzt, verändern sich Geruch und Geschmack des Weines.

Um einen Wein visuell zu begutachten, seine Farbe, Klarheit und Konsistenz festzustellen zu können, benötigt man ein farbloses, undekoriertes Glas. Ebenso eine dünne Wandstärke, die zu einer unmittelbaren Temperaturwahrnehmung führt. Der Duft eines Weines wird durch das Schwenken des Weinglases verstärkt. Durch eine vergrößerte Verdunstungsoberfläche können sich die Vielfalt und Stärke der Aromen schneller entwickeln. Der Duft eines Weines kann dann am besten wahrgenommen werden, wenn die Nase tief in das Glas getaucht wird.

Zuerst nehmen die Lippen die Beschaffenheit des Mundrandes und der Wandstärke des Glases wahr. Viskosität und Temperatur des Getränkes werden vom Tastsinn übertragen. Kurze Zeit später beginnt sich der Geschmack zu entwickeln. Die Zunge und ihre Geschmacksrezeptoren unterscheiden dabei nur vier unterschiedliche Wahrnehmungen: An der Zungenspitze süß, am Ende bitter, am Rand salzig und sauer.

Die intensive, vielfältige Geschmacksempfindung entsteht jedoch erst durch das Zusammenwirken mit dem Duft. Die Mundhöhle ist über den Rachen mit den Geruchsnerven verbunden, man riecht und schmeckt zur selben Zeit. Frucht, Säure, Tannin und Alkohol sind die variablen Geschmackskomponenten eines Weines, die das Glas vermittelt. Bei der Verkostung von Weinen, trocken oder süß, ist das Spiel von Frucht und Säure auf der Zunge sehr wichtig. Der abschließende Schluckvorgang und der damit verbundene Nachgeschmack entscheiden über Qualität und Genuss. So kann die Bitterkomponente eines gerbstoffreichen Rotweines über die Schaltstelle Glas unterschiedlich wahrgenommen werden; von angenehm rund mit Frucht unterlegt bis grün, scharf und adstringierend kann sich das Geschmacksbild ein und desselben Weines aus unterschiedlichen Gläsern darstellen.

Reihenfolge

Werden unterschiedliche Weinarten und Weine verschiedener Jahrgänge verkostet, kann die Reihenfolge der Proben für die Beurteilung entscheidend sein. Die Grundregel, von der es manche Abweichungsmöglichkeit gibt, basiert auf folgender Reihenfolge: Weißweine - Roséweine - Rotweine. Sie ist abzustimmen auf die Intensität der geschmacklich dominierenden Inhaltstoffe, insbesondere der Süße (Restzuckergehalt): durchgegoren - trocken - halbtrocken - mild-fruchtig (lieblich) - süß.

Aufschlussreich sind inhaltlich und thematisch strukturierte Proben, in denen zum Beispiel ausschließlich Weine eines einzigen Jahrganges oder einer Rebsorte (= horizontale Probe) verkostet werden. In vertikal zusammengestellten Probenfolgen werden Weine verschiedener Jahrgänge von einem einzelnen Erzeuger, einer einzelnen Lage oder Rebsorte probiert.


Sinneseindrücke bei der Weinverkostung

Aussehen

Die Farbe des Weines wird in farblosen, ungeschliffenen Gläsern geprüft. Zu den technischen Voraussetzungen der visuellen Prüfung des Weines gehört neben der ausreichenden, in ihrer Farbgebung neutralen Lichtquelle (möglichst helles Tageslicht) auch ein farbneutraler, heller Untergrund, vor dem das Glas – leicht geneigt – gehalten wird. Ein weißes (Tisch-) Tuch oder Papier ist am besten geeignet.

Farbe

Die markantesten Unterschiede bei den Farben der Weine ergeben sich durch die Rebsorten und zwar durch die in den Beerenhäuten enthaltenen Farbstoffe. Bei reifen Beeren weißer Rebsorten dominieren Flavanoide, bei den roten Sorten Anthocyane.

Die typische Farbe junger Weißweine aus den nördlichen Anbaugebieten Europas bewegt sich zwischen Zartgrün, Gelbgrün und Zartgelb, bei Weinen aus den südlichen europäischen Anbaugebieten dominiert ein blasses bis kräftiges Gelb. Strohgelb oder Goldgelb zeigen sich häufig Weißweine mit hohen Extrakt- und Alkoholwerten, vornehmlich Beerenauslesen und Trockenbeerenauslesen. Weißweine von bernsteingelber Farbe deuten auf lange Reife oder aber auch auf beginnende Oxidation hin. Dessertweine sind oft tiefgolden oder orange-gelb.

Während Weißweine mit zunehmender Reife dunkler werden, entsteht bei Rotwein der umgekehrte Prozess: Sie werden im Alter allmählich heller. Auch die Farbe des Rotweins unterliegt dem Einfluss der Bereitungsmethoden. Mit ihrer Alterung nehmen Farbveränderungen der Rotweine besonders deutlich zu. Die meisten Rotweine sind in der Ausbauphase (kurz nach Beendigung der Gärung) Purpurrot. Sie gehen dann allmählich zu Rubinrot über. Mit zunehmendem Reifestadium entwickelt sich je nach Herkunft Granatrot (vor allem bei italienischen Rotweinen) oder ein charakteristisches Weinrot mit Nuancen von Ziegelrot oder Kirschrot.

Rotweine von mahagoniähnlicher Farbe zeugen von langer Flaschenreife. Rotweine, deren Farbe einem dunklen Milchkaffee ähnelt und die zudem Trübteilchen aufweisen, sind bereits weit über ihren Reifehöhepunkt hinaus und gelten als passé . Braunfärbung tritt vor allem ein bei Überalterung sowie Oxydation (Lufteinfluss).

Klarheit

Das Optimum an Klarheit ist bei Weißweinen ein blitzblanker, glanzheller Wein. Ein normal behandelter Wein ist klar oder hell.

Die optische Reinheit eines Flaschenweines kann – vor allem bei Weißwein – durch (geschmacksneutrale) Weinstein-Kristalle beeinträchtigt werden. Dabei handelt es sich um ausgefällte Weinsäure, die sich meist infolge starker Temperaturveränderungen in kristalliner Form absetzt.

Bei lange gelagerten Rotweinen und Portweinen kann sich ein puderartiger oder feinkörniger Bodensatz aus Tannin und Farbstoffen bilden. Das Gerbstoff-Depot beeinflusst zwar nicht den Weingeschmack, kann aber – sobald es aufgeschüttelt wurde - zu Trübungen führen. Daher sollten alte Rotweine mit Depot vor dem Einschenken dekantiert (umgefüllt) werden, damit Rückstände in der Flasche bleiben.

Geruch

In der Riechforschung wurden bislang ungefähr 10 000 verschiedene Substanzen als Grundlage von mehreren 100 000 Duftnoten ermittelt. Zur Unterscheidung der Duftqualitäten werden sie in Geruchsgruppen oder Klassen eingeteilt. In den meisten Klassifizierungen finden sich übereinstimmend die Merkmale blumig, fruchtig und würzig.

Obgleich Geruchs- und Geschmackswahrnehmungen eng miteinander verbunden sind, wird für die Geruchserkennung in der Weinsprache oft nur der Begriff „Nase“ benutzt.

Geschmack

Im Gegensatz zum Geruch mit seiner Vielzahl (klassifizierter) Geruchsgruppen wird beim Geschmack nur zwischen vier Grundqualitäten unterschieden: süß, sauer, salzig, bitter.

Weine mit höherer Temperatur schmecken etwas süßer als mit niedriger Temperatur. Das Geschmacksmerkmal bitter wirkt in seiner Reizwirkung stärker nach als süß, sauer oder salzig. Es wird außerdem nicht unmittelbar, sondern erst im Nachgeschmack wahrgenommen.

Weinfehler

Mikrobiologische Veränderungen bei der Weinherstellung können zu Weinkrankheiten - bestimmte chemische und physikalische Vorgänge zu Weinfehlern führen. In beiden Fällen handelt es sich um eine Qualitätsminderung, die – in der Kellertechnik rechtzeitig erkannt – oft durch entsprechende Korrektur-Maßnahmen behoben werden können.

Kein unmittelbarer Weinfehler ist der Korkgeschmack, der sich von Korken, die in der Herstellung fehlerhaft verarbeitet wurden, auf den Wein überträgt.

Gewisse Geruchs- und Geschmacksnoten gelten zwar nicht als Weinfehler oder –krankheit, beeinträchtigen aber als Mängel die gute Produkt-Beschaffenheit. Dazu zählt die Firne, ein Alterston, die sich bei reifen Weinen mit zunehmend dunkler, dem Sherry ähnelnder Farbe und einem an Brotkruste erinnernden Aroma zeigt. Bei hochwertigen, edelsüßen Weinen gilt Edelfirne indes als Gütemerkmal.

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